Der historische Hintergrund

Ab dem 17. Jhdt., bis in die 20/30iger Jahre des 20. Jhdts., sind Kinder aus den Alpentälern zu Fuß ins Schwabenland gelaufen, um sich auf Kindermärkten an die Bauern zu verdingen. Von April bis November blieben sie in der Fremde um das Vieh zu hüten, auf den Feldern und im Stall zu arbeiten – für Essen und Kleidung. Die jüngsten Schwabengänger waren 5 Jahre alt.
Daheim war blanke Not. Die Esser mussten weg vom Tisch. Ohne geeignete Kleidung und Schuhwerk wanderten die Kinder zu Hunderten über die verschneiten Alpen und kamen, wenn überhaupt, halb verhungert auf die Kindermärkte am Bodensee.
Von richtigen Sklavenmärkten berichtet in diesem Zusammenhang ein Amerikanischer Journalist 1891 im „Cincinnatier Volksblatt“, vom katastrophalen Zustand der Kinder.
Ab er Mitte des 19. Jhd. gab es Vereine zur Unterstützung der Schwabenkinder
Erwachsene begleiteten sie und führten die Verhandlungen mit den Bauern, Priester besuchten die Kinder auf den Höfen um ihre Lebensbedingungen zu kontrollieren.
Tausende von Kindern – Mädchen und Buben – machten sich jedes Jahr auf den Weg ins Schwabenland, bis in den späten 20iger Jahren der Strom dieser billigen Arbeitskräfte mit einem Schlag versiegte. Baden-Württemberg hatte die Schulpflicht, auch für die ausländischen Kinder eingeführt. Somit waren die Kinder wertlos für die Bauern, denn diese wollten keine fremden Schulkinder durchfüttern, sondern billige Arbeiter auf dem Hof.

 

Meine Familiengeschichte

Der Bruder meiner Großmutter – Hermann Wirth – war einer der letzten Schwabengänger. Über ihn und meine Großmutter Katharina erzähle ich in 1000x1000 Schritte.
Die authentischen Erzählungen meiner Großmutter „von früher“, über ihre Kindheit, über die Armut, das Heimweh, verwebe ich dabei mit Fiktionalem.
Dass Kinder fort müssen, weil es daheim nicht genug zu essen gibt, erinnert schnell an ein bekanntes Märchen. Dass Kinder helfen, damit daheim die Geschwister nicht verhungern, ist allemal wert, als Heldenreise erzählt zu werden. So habe ich meine Schwabenkinder-Geschichte mit dem Hänsel & Gretel-Mythos verwoben, spiele mit diesem Märchen, aber auch mit der Angst und den Vorurteilen vor Fremdem, (im Schwabenland, das hat Hermann von den großen Buben gehört, da sind die nicht katholisch und fressen kleine Kinder).
Meine Geschichte erzählt (auch) über das Leid der Schwabengänger, aber vor allem erzählt sie von der Stärke und dem Mut dieser Kinder die mit ihrer Wanderung ins Schwabenland helfen, dass die daheim überleben.

Kindermarkt